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Ist die Budgetierung zu aufwendig?
Als eines der Hauptargumente gegen die Budgetierung wird immer wieder der aufwendige Budgetierungsprozess genannt. Die Budgetierung ist zeitaufwendig, ressourcen- und kostenintensiv.[1]
Volvo schätzt beispielsweise, dass zu Zeiten, in denen sie noch budgetierten, 20% der Managerzeit für Budgetierung und Verlaufskontrolle aufgewendet wurde.[2]Nach einer Studie von Hackett Benchmarking Solutions dauert der durchschnittliche Budgetierungsprozess vier bis fünf Monate.[3] Planung und Budgetierung sind Instrumente, die u.a. Komplexität verringern sollen.[4] Es verwundert daher um so mehr, aus welchem Grund das Planungs- und Kontrollsystem selber so komplex und detailliert gestaltet wird. Bronner leitet aus der Systemtheorie ab, dass ein System zur Reduktion von Komplexität eine hohe Eigenkomplexität haben muss.[5]
„Diese instrumentelle Komplexität äußert sich zunächst in Anzahl und Verknüpftheit von Gegenständen der Planung. Wegen der zahlreichen, mehrstufig kausalen Verknüpfungen zwischen verschiedenen Planungsobjekten birgt jede Partial-Planung die Gefahr einer allzu simplifizierenden Isolation in sich: Neben-, Folge- und Kompensations-Effekte bleiben überwiegend unbeachtet.“[6]
Diese Überlegungen sind plausibel, können jedoch auf die Frage nach der optimalen Komplexität des Planungs- und Kontrollsystems keine Antwort geben. Zu beachten ist hier in jedem Fall die Wirtschaftlichkeit. Wenn der durchschnittliche Planungsfehler, der durch die Vereinfachung des Systems entsteht, geringere Kosten zur Folge hat, als die Kosten zusätzlich notwendiger Planungsmaßnahmen, so sollte auf diese verzichtet werden. Der Aufwand muss also durch den Nutzen zu rechtfertigen sein.
Die Budgetierung lässt viele Gestaltungsmöglichkeiten zu. Es ist möglich fast stufenlos die Komplexität des PuK Systems zu erhöhen, weit über die Grenzen der Wirtschaftlichkeit. Die bereits angesprochene Eigendynamik der Planung ist natürlich auch in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen. Nicht zuletzt verleitet auch die Software, die dem Nutzer immer tiefere und detailliertere Analyse, Prognose und Kontrollmöglichkeiten bietet, dazu, die Komplexität des Systems zu steigern. Es ist beispielsweise mehr als fraglich, ob in einem Bereichsbudget die Aufwendungen für Büromaterialien vorgeschrieben werden müssen.
Grundsätzlich wird der Aufwand der Budgetierung stark von der Tiefe und dem zeitlichen Horizont der Planung beeinflusst. Eine stark detaillierte Unternehmensplanung ist nicht nur bei ihrer Aufstellung, sondern auch bei ihrer Kontrolle aufwendig. Wobei hier zu ergänzen ist, dass nicht zwingend das, was geplant wurde auch kontrolliert werden muss. Einiger Aufwand kann beispielsweise eingespart werden, indem unkritische Bereiche nur auf Kostenstellengruppenebene kontrolliert werden.[7]
Als besonders zeitintensiv gestaltet sich der Verhandlungsprozess innerhalb des Gegenstromverfahrens. In vielen Planungsschleifen wird hier zwischen den einzelnen Ebenen die Festlegung der Bereichsziele verhandelt. Die unteren Ebenen sind bemüht möglichst niedrige Ziele auszuhandeln, bei denen sie sicher sein können, dass sie erreichbar sind. Das Top-Management hingegen versucht möglichst anspruchsvolle Ziele durchzusetzen. Nicht nur das Verhandeln dieser Ziele ist weitgehend unproduktiv genutzte Zeit. Hinzu kommt die Zeit zum Sammeln von Argumenten, die Erstellung von Rechnungen und Präsentationen um den eigenen Standpunkt zu untermauern.[8]
Die Frage, ob Budgetierung aufwendig sei, kann nur differenziert beantwortet werden. Wichtig zu beachten ist, dass nicht alles was planbar ist, auch geplant werden soll. Eine gewisse Unsicherheit muss zugunsten der Wirtschaftlichkeit akzeptiert werden. Der aufwendige Verhandlungsprozess im Rahmen des Gegenstromverfahrens könnte natürlich durch eine klare Top-Down Orientierung verhindert werden. Dies könnte jedoch andere negative Auswirkungen haben, wie beispielsweise einen Motivationsverlust auf Seiten der operativen Einheiten.
Wenn die Budgetierung als grobe Richtlinie gehandhabt wird, kann sie bei geringer Dynamik ohne großen Aufwand erstellt werden. Aufwendig wird das Verfahren erst, wenn das Unternehmen ständig ändernden Umfeldfaktoren ausgesetzt ist. In diesem Fall kann die Planung nicht mehr auf Fortschreibungen aufbauen und verliert daher immer mehr an Effizienz.
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- [1] Vgl. Daum: Beyond Budgeting (2003), S. 84, Hope/Fraser: Questions and Answers (2001), S. 8, Hope/Fraser: Beyond Budgeting (2003), S.4 ff., Horváth: Neugestaltung der Planung (2003), S. 8 f., Pfläging: Beyond Budgeting (2003), S. 32.
- [2] Vgl. Pfläging: Beyond Budgeting (2003), S 32.
- [3] Vgl. Hope/Fraser: Questions and Answers (2001), S. 5.
- [4] Vgl. Pfohl/Stölzle: PuK (1997), S. 64 f., Wild: Grundlagen der Unternehmungsplanung (1981), S. 18.
- [5] Vgl. Bronner: Grenzen der Planung (1989), Sp. 593.
- [6] Bronner: Grenzen der Planung (1989), Sp. 592.
- [7] Vgl. Gleich/Voggenreiter: Neugestaltung der Planung (2003), S. 66 f., Pfläging: Beyond Budgeting (2003), S. 127 f.
- [8] Vgl. Pfläging: Beyond Budgeting (2003),S. 36 ff.